23. INTERNATIONALE HAYDNTAGE 2011

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8. – 18. September 2011
„Haydn & Die Neue Welt“

Die Vorbereitungen sind fast abgeschlossen. In wenigen Tagen, am 8. September, brechen die 23. Internationalen Haydn zu einer musikalische Reise in die neue Welt auf. Sowohl musikalisch als auch geographisch und visuell erwarten die Besucher des Festivals neue Dimensionen. Den Blick gegen Westen gerichtet, beginnt eine spannende Spurensuche, die von Amerika über Puerto Rico und Brasilien in die Karibik und wieder zurück nach Eisenstadt führt. Neue Wege beschreiten die Haydntage heuer aber auch bei der Präsentation der Werke. Beim Eröffnungskonzert wird die Musik nicht nur hörbar, sondern auch „sichtbar“ sein.

Mehr als vier Jahrzehnte stand Joseph Haydn als Kapellmeister im Dienste der Fürsten Esterházy. Eisenstadt war nicht nur der Ort an, dem viele seiner Werke entstanden sind, viele erklangen hier auch zum ersten Mal. Noch heute kann man in Eisenstadt auf den Spuren des großen Komponisten wandeln. Zahlreiche Originalschauplätze erinnern an den herausragenden Künstler. Um das Andenken an den Musiker und sein enormes Werk zu pflegen, wurden vor mehr als zwei Jahrzehnten die Haydn Festspiele Eisenstadt gegründet, die alljährlich im Herbst ein international beachtetes Festival zu Ehren Joseph Haydns veranstalten: Die Internationalen Haydntage. Haydn-Experten aus aller Welt folgen daher gerne der Einladung des Intendanten Dr. Walter Reicher, um hier ihr Können unter Beweis stellen zu können. Zahlreiche große Haydninterpreten gehören mittlerweile zu den Fixstartern des Festivals. Doch auch abseits der Musik haben die Haydn Festspiele im Laufe der Jahre das Wissen um Joseph Haydn permanent vertieft und erweitert. Im Rahmen internationaler Symposien werden der Komponist und sein Werk aus unterschiedlichsten Perspektiven beleuchtet.

Das diesjährige Festival steht unter dem Motto „Haydn & Die Neue Welt“. Bereits 1766, also nur fünf Jahre nach seinem Dienstantritt als Kapellmeister am Esterházy‘schen Hof, wird Joseph Haydn im Wiener Diarium als „der Liebling der Nation“ gefeiert. Im selben Jahr tauchen erste Spuren von ihm in der Neuen Welt auf: Seine Symphonie Nr. 17 wird in Amerika kopiert. 30 Jahre später vertont Haydn in seinem Oratorium „Die Schöpfung“ unter anderem die Textpassage „… und eine neue Welt entspringt auf Gottes Wort“.
„Diese beiden Eckdaten geben bei den Haydntagen 2011 die Richtung vor. Wir schauen Richtung Westen in die Neue Welt des amerikanischen Kontinents und erspüren die wechselseitigen Beziehungen in der Musik“, erklärt Intendant Walter Reicher die Hintergründe zur Entstehung des Programms. „Wir haben uns sehr intensiv mit dieser Thematik befasst und sind den Fragen nachgegangen: Welche Werke fanden schon zu Haydns Lebzeiten den Weg in die Neue Welt? Welche persönlichen Kontakte hatte er, bis hin zu Treffen mit Revolutionären? Wie ist Haydn die Neue Welt in Musikstücken anderer Komponisten begegnet? Welchen Einfluss hat Haydn bis heute auf Komponisten und Künstler aus dieser Weltgegend?“, beschreibt Intendant Dr. Reicher die musikalische Spurensuche, auf die sich die Haydntage 2011 gemeinsam mit ihrem Publikum begeben.

Wenn Musik „sichtbar“ wird…
Die Haydn Festspiele nehmen „Neue Welt“ aber auch als Metapher um bei den Haydntagen Neues auszuprobieren. Für die Eröffnung der Haydntage 2011 konnte das ARS Electronica Futurelab gewonnen werden, das für die Visualisierung der Musik verantwortlich zeichnet. Wenn daher die Orchester Akademie Ossiach unter der Leitung von Martin Sieghart Antonin Dvoraks Symphonie Nr. 9 e-moll „Aus der neuen Welt“ und im zweiten Teil des Abends Haydns Symphonie Nr. 94 G-Dur „Mit dem Paukenschlag“ zur Aufführung bringt, dann wird die Musik diesmal nicht nur hörbar, sondern auch sichtbar. Bei der Entwicklung der Visualisierung der beiden Symphonien auf dem Bühnenhintergrund des Haydnsaals hat sich das Ars Electronica Futurelab an die musikalische Aussage der Komponisten gehalten. So wird im ersten Teil des Abends Dvoraks bildhafte „Erzählung“ mit atemberaubenden HD-Projektionen von Bildern aus den Archiven der NASA, der ESA und der National Library of Congress untermalt. Im zweiten Konzertteil erhalten die Konzertbesucher 3D-Brillen, um die 3D-Visualisierung zu Haydns Symphonie „Mit dem Paukenschlag“ zu erleben: Ausgangspunkt dieser künstlerischen Intervention ist der Würfel als Pendant zur elementaren Tonart C-Dur in Haydns Symphonie. „Das Spiel mit der Uneigentlichkeit, das fast demonstrative Zeigen, dass die ERFINDUNG nichts, die VERARBEITUNG alles sei, hat Haydn selten so offen betrieben.“ (Prof. Wulf Konold) Der Würfel mit seiner Vielfalt an Strukturen und Verformungen erscheint somit ein adäquater künstlerische Ausgangspunkt für die 3D-Visualisierung.

„Wir beschreiten 2011 neue, spannende Wege. Dennoch hat das Hörerlebnis für uns immer oberste Priorität. Daher haben wir auch wieder die besten Haydninterpreten der Welt zu uns nach Eisenstadt eingeladen“, freut sich Intendant Reicher über eine Künstlerliste, die sich sehen lassen kann: Von Sir Neville Marriner über Trevor Pinnock bis Michael Schneider und Giovanni Antonini, von Sol Gabetta bis Giovanni Solima, vom Wiener KammerOrchester über die Wiener Sängerknaben bis zur Österreichisch-Ungarischen Haydn Philharmonie unter Adam Fischer treffen sich 2011 wieder führende Künstler in Eisenstadt, die vor allem eines verbindet: ihre Liebe zu Joseph Haydn.

Auf dem Programm steht eine Vielzahl außergewöhnlicher Konzerte:
Trevor Pinnock und das Orchestra of the Age of the Enlightenment bringen Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ zur Aufführung. Auch hier beschreiten die Haydn Festspiele neue Wege. Waren die Oratorien bisher immer Adam Fischer vorbehalten, gibt man sich heuer ganz britisch. Aber auch diese Entscheidung – übrigens in voller Abstimmung mit Adam Fischer – ist stimmig: hat Haydn doch seine Anregung zur Komposition der „Schöpfung“ aus London mitgebracht. Eine spannende musikalische und literarische Zeitreise erwartet die Besucher von „O Amor Brazileiro“. Ein Konzert, das Haydn, seinem Lieblingsschüler Sigismund Ritter von Neukomm und der Neuen Welt gewidmet ist. Einen Abend wie zu Zeiten der legendären Madama Mara in London darf das Publikum erleben, wenn Trevor Pinnock mit Purcells „The Indian Queen“ nach Amerika entführt. Wie vor 250 Jahren wechseln sich Symphonien, Arien, Solokonzerte und Lieder miteinander ab.

Auf Italienische Leidenschaft gepaart mit Latino-Temperament darf sich das Publikum bei „Fandango all‘ Italiano“ freuen. Die Ausnahmemusiker von Il Gardino Armonico mit Maestro Giovanni Antonini und dem Ausnahmecellisten Giovanni Sollima zeigen nicht nur was es heißt, mit vollem Körpereinsatz zu musizieren. Sie bringen auch Haydns Symphonie Nr. 63, „La Roxelane“ zur Aufführung. Jenes Werk, das als erste Symphonie des Komponisten am 22. Juli 1794 in Bosten erklang.

Im musikpädagogischen Projekt „Peppo erlebt die Jahreszeiten“ der ersten Siemens-Schülermatinee im Rahmen der Hayndtage führt eine Erzählerin mit Handpuppe als Identifikationsfigur durch das Konzert. Die Musik aus dem Oratorium „Die Jahreszeiten“, transkribiert für Harmoniemusik, lässt die Zeit Joseph Haydns für Kinder lebendig werden. Volksschüler aus Eisenstadt und dem gesamten Burgenland wurden zu zwei Vorstellungen eingeladen.

Verzaubert wird das Publikum schließlich von Sol Gabetta. Der argentinische Superstar ist gerne in der Haydnstadt zu Gast und wird auch heuer sein Publikum mit seiner emotionalen Virtuosität überzeugen. Mit dem Kammerorchester Basel wird sie Haydns Cellokonzert C-Dur auf ihre unnachahmliche Art interpretieren. Samuel Barbers „Adagio for Strings“, Haydns Pariser Symphonie Nr. 84 und seine „Abschiedssymphonie“ – sie erklang bereits 1802 in New York – gehören zum weiteren Programm des Konzertabends mit dem Kammerorchester Basel.

Ein Abend, der unter dem Titel „Good Old Europe“ steht, wird vom Haydntage-Fixstarter Maestro Adam Fischer und seiner Österreichich-Ungarischen Haydn Philharmonie bestritten, die Besucher dürfen sich unter anderem auf Haydns Symphonie „La Reine“ und Mozarts „Prager Symphonie“ freuen.
Hitverdächtiges im Gepäck dieser musikalischen Reise in die Neue Welt hat auch der Grandseigneur unter den Dirigenten, Sir Neville Marriner. Der Star aus England bringt mit dem Wiener Kammerorchester heuer Haydns Symphonie Nr. 17 zur Aufführung. Ein Werk, das bereits 1766 erstmalig in den USA auftauchte. Ein weiterer musikalischer Leckerbissen ist sicherlich Haydns berühmte Oxford-Symphonie.

Südamerikanisches Flair ist angesagt, wenn Akkordeonstar Viviane Chassot zu „Haydn & Tango“ lädt und unter anderem mit Astor Piazzollas Welthit „Adios Nonino“ für Gänsehaut sorgt. La Stagione Frankfurt unter Michael Schneider entführt die Haydnfans am selben Tag ins ferne Brasilien. Das Publikum wird an diesem Abend Zeuge einer europäischen Wiedererstaufführung nach mehr als 150 Jahren, nämlich der „Sinfonie à grand orchestre“ in Es-Dur von Sigismund Neukomm, die seinerzeit als op. 37 erschienen war.
Mit der Camerata Köln treffen wir noch einmal auf Sigismund Neukomm und erspüren den Einfluss seines Lehrmeisters Joseph Haydn in seinen Werken.

Bei einer Reise über den großen Teich darf natürlich auch ein Besuch am Broadway nicht fehlen. Diesen absolviert die Klassik-Crossover-Sensation „The Philharmonics“. Auf ihrem Spielplan stehen unter anderem Bernstein, Corea, Piazzolla, Brahms, Haydn sowie Zigeunerlieder.
In den beiden großen Kirchen Eisenstadts werden mit der Nelson- und der Theresienmesse aus der Feder Haydns Festgottesdienste gestaltet.

Der Abschluss der 23. Internationalen Haydntage liegt wieder in den bewährten Händen von Adam Fischer und der Haydn Philharmonie, die heuer von den Wiener Sängerknaben unterstützt werden. Gemeinsam kredenzen sie musikalische Leckerbissen. Darunter zwei Werke, die es schon früh in die Neue Welt schafften: die Symphonie „La Chasse“, die bereits 1793 in New York ihre Erstaufführung erlebte und „Il terremoto“ aus den berühmten „Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze.“

„Internationales Symposium“
Doch nicht nur im Rahmen der Konzerte beschäftigt die Haydntage „Haydn & Die Neue Welt“. Bei einem internationalen musikwissenschaftlichen Symposium (13. – 15. September 2011) gehen Wissenschaftler aus den USA, Brasilien, Großbritannien, Deutschland, Ungarn und Österreich den vielschichtigen Verflechtungen des Komponisten mit der Neuen Welt und seiner Sehnsucht nach der Ferne vertiefend nach. Dabei werden vier Schwerpunkte gesetzt.

• Welche „Bilder“ über Amerika kursierten zu Haydns Zeit in Europa und in seinem Umfeld? Tobte auf dem amerikanischen Kontinent Mitte der 1770er Jahre doch der Unabhängigkeitskrieg.
• Wie wurden Haydns Werke zu seinen Lebzeiten und bis in die heutige Zeit in Amerika rezipiert?
• Die Konstruktion eines „exotischen“ Amerikas auf der Opernbühne, besonders am Esterházy’schen Hof. Haydn war etwa im Vergleich zu Mozart ein äußerst sesshafter Musiker und brach erst im Alter von knapp 60 Jahren nach London auf. Dennoch gab es stets eine innere Offenheit gegenüber Unbekanntem. Mit seinen Operndirigaten begab er sich unter anderem nach Norderamerika, Mexiko und Peru und schuf auf der Bühne exotische Welten. So etwa das orientalische Serail in „L’incontro improvviso“, die einsame Karibikinsel in „L’isola disabitata“ oder das mittelalterliche Damaskus der „Armida“.
• Der vierte Schwerpunkt setzt sich mit der Interpretation von Haydns Werken im Lichte der Amerikanischen Revolution auseinander.