Secession | Dominique Gonzalez-Foerster | František Lesák | Karimah Ashadu
Dominique Gonzalez-Foerster: VOLCANIC EXCURSION (A VISION)
František Lesák: Vermutung und Wirklichkeit
Karimah Ashadu: Plateau
2. Juli – 5. September 2021
Secession
Dominique Gonzalez-Foerster
VOLCANIC
EXCURSION (A VISION)
So
fing alles an: „… wachte mitten in der nacht auf und hatte eine vision. wir
waren in der nähe eines kleinen vulkans, aus dem gemächlich lava strömte, die
vegetation war tropisch, es gab kolibris und lamas … mein körper war in
mehreren erscheinungen zugleich … umgeben von inspirierenden menschlichen und
nicht-menschlichen freunden aus gegenwart und vergangenheit. es war eine
wunderschöne, freudige, fast opernhafte menge, wie ein zug, ein protestmarsch,
ein ausflug … typhoeus vom beethovenfries war auch da und die drei gorgonen …“
Dominique
Gonzalez-Foerster
Dominique Gonzalez-Foerster sucht in ihrer künstlerischen Arbeit den experimentellen Prozess, der zu einer Art Lernerfahrung für sie wird. Sie begann ihre künstlerische Laufbahn in den 1990er-Jahren mit einer Serie von „Chambres“ und ortsspezifischen Interventionen, bald erweiterte sie ihr mediales Spektrum mit einer Reihe von Kurzfilmen.
Ihre Ausstellungen sind häufig ortsspezifische Inszenierungen, in denen sie spezielle Aspekte des Ortes, seiner Geschichte aufgreift und mit literarischen Referenzen verbindet. Objekte dienen ihr dabei als Hilfsmittel und Requisiten, um eine bestimmte Atmosphäre herzustellen, und sind weniger Selbstzweck und künstlerisches Produkt. Es sind sich entwickelnde Erzählungen, die sich langsam aus unvollständigen Versatzstücken, aus Fotografien, besonders arrangierten Interieurs und persönlichen Details erschließen lassen. Sie versetzt BetrachterInnen in fiktive Szenarien aus der Vergangenheit und Zukunft. Ihre Installationen werden zu Erlebnisräumen und spielen mit Sehnsüchten, Utopien, Ängsten und Träumen.
Für ihre Ausstellung in der Secession Volcanic Excursion. A Vision konzipierte sie ein Environment, das sowohl auf den spezifischen Ort eingeht als auch die besondere Zeit einer globalen Pandemie reflektiert. Gonzalez-Foerster beruft sich auf Vorbilder aus Vergangenheit und Gegenwart, auf FreundInnen und WeggefährtInnen und stellt so dem allseits brüchig gewordenen sozialen Gefüge ein Bild der Stärke und Zuversicht, des Optimismus und Mutes entgegen.
Dominique Gonzalez-Foerster, geboren 1965 in Straßburg, lebt und arbeitet in Paris.
František Lesák
Vermutung
und Wirklichkeit
Der konzeptuelle Zeichner und Bildhauer František Lesák widmet sich in seinem Werk dem Beschreiben und Begreifen der Gegenständlichkeit und damit zusammenhängenden Fragen der Wahrnehmung. Das Schaffen räumlicher Bezugssysteme, das Ausloten wechselnder Perspektiven, das Vermessen und Kartographieren ausgewählter Szenerien und das Spiel mit sich verändernden Maßstäben bilden das Kerninstrumentarium seiner künstlerischen Tätigkeit. In einer Art Grundlagenforschung untersucht er in systematisch angelegten Werkzyklen die Dinge und ihr Verhältnis zum realen und medialen Raum.
In der Secession zeigt Lesák verschiedene Werkgruppen, die vorwiegend in den letzten Jahren entstanden sind und bislang nicht oder kaum gezeigt wurden. In dem neuen, titelgebenden Zyklus Vermutung und Wirklichkeit (2020) zeichnet er einer strengen Versuchsanordnung folgend verschiedene Haltungen seiner linken Hand und erforscht so das komplexe Zusammenspiel zwischen taktiler und visueller Wahrnehmung ebenso wie das Zeichnen als eine körperliche und geistige Praxis der Notation von Wirklichkeit.
Ein weiteres zentrales Thema in Lesáks Oeuvre ist die Vielansichtigkeit. Im Bestreben, alle Dimensionen eines Gegenstandes zu erfassen, widmet er sich Vorbildern aus der Kunstgeschichte ebenso wie der Darstellung von Naturmotiven wie etwa einer Formation von Findlingen aus Granit. Indem der Künstler das Zusammenspiel zwischen dem Erfassen der Welt und ihrer Beschreibung konsequent auslotet, verweist er letztlich auf die dahinterstehende Frage nach dem Wesen der Wirklichkeit.
František Lesák, 1943 in Prag geboren, lebt und arbeitet in Wien und Neu-Nagelberg in Niederösterreich.
Karimah Ashadu
Plateau
Die Filmemacherin und Künstlerin Karimah Ashadu verhandelt in ihren Werken die Lebens- und Arbeitsbedingungen im sozioökonomischen Kontext Westafrikas. Ihr neuer, in der Secession erstmals gezeigter Film Plateau erzählt von Wanderarbeitern, die auf dem Jos-Plateau in Zentralnigeria nach Zinn und Kolumbit schürfen. Die zerfurchte, mit künstlichen Kratern und Teichen übersäte Landschaft wird seit der Kolonialzeit ausgebeutet. War die Elterngeneration gezwungen sich zu verdingen und den Kolonialherren allen Reichtum zu überlassen, so sind die Arbeiter heute selbstständig. Getragen vom Glücksversprechen und Gewinnaussichten setzen sie sich den gefährlichen Arbeitsbedingungen und der schweren körperlichen Arbeit aus und graben ihr Land auf der Suche nach den Mineralien ein zweites Mal um.
Ohne zu moralisieren, fokussiert Ashadu die Schönheit im Alltäglichen sowie die Selbstständigkeit der Menschen und ihren Emanzipationsversuch. Die Arbeiter erklären sich selbst mit ihrer Stimme aus dem Off, während die Künstlerin durch ihre ungewöhnliche Art der Kameraführung den Raum zwischen sich, der Kamera und den gefilmten Körpern auslotet. Ashadus filmischer Ansatz ist ein beobachtender, der sich der Anatomie der Bewegung unterwirft und dadurch neue Perspektiven gewinnt. Mit mäanderndem Blick wendet sie sich den Körpern der MinenarbeiterInnen mit ihren schürfenden Händen und Füßen im Schlamm ebenso unmittelbar zu, wie sie den farblichen Reichtum der Landschaft mit ihren leuchtenden rostroten und ockergelben Tönen einfängt.
Karimah Ashadu, geboren 1985 in London, lebt und arbeitet in Hamburg und Lagos.
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