Interview mit Karin Schäfer

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karinWoher kommt Deine Leidenschaft für das Figurentheater?

Auf einer Reise nach Venedig, wo ich von den typischen venezianischen Karnevalsmasken fasziniert war, und sogar in so einer Maskenwerkstatt kurz mitarbeiten durfte, hörte ich von einer Figurentheaterausbildung in Spanien. Mich hat die Idee fasziniert, dass man im Figurentheater so viele verschiedene Dinge, die mich interessieren, kombinieren kann: Theater, Handwerk, Literatur, Kunst und vieles andere. Ich fuhr mit einer Freundin per Interrail auf Urlaub nach Spanien und als ich dort das Institut besichtigen durfte und die Werkstätten sah, in denen so tolle Figuren gebaut wurden, und in denen hunderte von Marionetten an den Wänden hingen, die mein späterer „Meister“ Harry V. Tozer, der Leiter des Marionettenlehrganges (er war damals schon weit über 80 Jahre alt) gebaut hatte, da war es um mich geschehen…

PannOpticum 2010 – Dein Resümee?

Es war das bisher für mich schönste Festival, zwar nicht vom Wetter her, denn das war – mitten im Juni – eiskalt und feucht, aber die gesamten Stimmung und die tollen Gäste – Künstler ebenso wie Publikum – haben das mehr als wett gemacht. Wir hatten Gruppen aus Österreich, Deutschland, Israel, Litauen, Neuseeland, Russland und Argentinien da und alle Vorstellungen wurden begeistert aufgenommen, die Familienprogramme ebenso wie die Vorstellungen für Erwachsene am Abend. Sogar die sehr schräge Nachtvorstellung des Psilikono Teatras aus Litauen war gesteckt voll und die Leute haben gesagt: toll, so etwas haben wir noch nie gesehen, aber es war fantastisch.

Was bedeutet “Visuelles Theater”?

Visuelles Theater ist Theater, in dem nicht in erster Linie der Text im Vordergrund steht, sondern das Bild, die visuelle Faszination. Wir wollen magische, optische Erlebnisse und Geschichten schaffen, die für alle Menschen verständlich sind, unabhängig von Alter, Herkunft oder Wohnort. Wir haben diesen Begriff für unsere Arbeit geprägt, da „Puppentheater“ zu sehr mit reinem Kindertheater, oder gar einfach nur mit dem Kasperl assoziiert wird, aber auch der modernere Begriff „Figurentheater“ nicht das beschreibt, was wir in den letzten Jahren so alles gemacht haben. Wir arbeiten jetzt viel mit der Integration mit Projektionen und der Überschneidung von Video und Livespiel, auch kommen oft gar keine „Figuren“ im klassischen Sinne mehr vor, sodass für die Gesamtheit unserer Arbeit eben eher „Visuelles Theater“ zutrifft.

Was ist das Tolle daran ein Wandertheater zu sein?

Ich liebe Reisen über alles, die Begegnung mit anderen Menschen, fremden Kulturen, den Austausch mit anderen Kunstschaffenden und anderen Kunstsparten ebenso wie die Erkenntnis, dass wir Menschen, trotz aller Verschiedenheit, im Grunde doch so ähnlich sind – in jedem der über 30 Länder, in denen wir bisher mit unserem Theater unterwegs waren, haben die Menschen an den selben Stellen in den Stücken gelacht und waren von den gleichen „Bildern“ beeindruckt. Mit dem Theater und den Figuren unterwegs zu sein ermöglicht außerdem eine ganz andere und direktere Art, ein Land zu entdecken – man / frau kommt nicht als Tourist, sondern ist gleich mitten drin – in einem Theater, einem Festival, im Kreis der Kollegen und im Austausch mit dem Publikum.

Gibt es eine Figur aus Deinen Stücken die Dir besonders am Herzen liegt und warum?

Das kann ich eigentlich nicht sagen, es ist so, dass mir immer die aktuelle Produktion am nächsten ist, ich liebe es, immer wieder neues zu machen und auszuprobieren und muss daher auch manchmal den Mut haben, eine Figur oder eine ganze Produktion einfach in „Pension“ zu schicken, um Platz (im Kopf) für Neues zu schaffen. Allerdings nehme ich dann auch Figuren, die mir über die Jahre ans Herz gewachsen sind, und die nicht mehr in aktuellen Produktionen auftreten, mit, um sie in Seminaren als Beispiele vorzustellen und ihnen so auch in ihrer Pension einen Ausflug raus aus meiner Werkstatt zu verschaffen. Das nehmen sie dann auch dankbar an 🙂

Woran arbeitet ihr derzeit?

Unsere neue Produktion heißt „Zheng He – Als die Drachenschiffe kamen“ , sie wird am 18. November im Dschungel Wien im Museumsquartier Premiere haben und dann im Anschluss 10 Tage lang dort zu sehen sein. Im nächsten Jahr möchte ich „Zheng He“ auch im Burgenland präsentieren und wir suchen dafür gerade geeignete Spielorte. Die Geschichte ist extrem spannend, sie handelt von einem chinesischen Entdecker, der fast 100 Jahre vor Christoph Kolumbus die Weltmeere umsegelt hat, bis Arabien und Afrika gekommen ist und sogar die ersten Giraffen mit nach China gebracht hat. Zheng He war wahrscheinlich das historische Vorbild für „Sindbad“ den Seefahrer. Ich spiele darin mit lebensgroßen Figuren in Kombination mit Videos und mit Trickfilmen, die wir ebenfalls selbst machen. Das Stück ist für Kinder ab 7 Jahren und für Familienvorstellungen gedacht, es ist auch möglich, Schulvorstellungen zu buchen.

Du hast viele Preise und Auszeichnungen bekommen. Welcher liegt Dir am meisten am Herzen?

Sehr gefreut habe ich mich über den ersten Preis beim Festival der Solospieler mit “Es war zweimal”, einem sehr persönlichen Stück über das Verhältnis der Marionetten zu ihrem Schöpfer – zu ihrer Schöpferin, um genau zu sein. Und auch der Preis für die beste Produktion des Jahres in Kuba hat mir viel bedeutet, erstens, weil es ein sehr großes Festival mit vielen Sparten – nicht nur Figurentheater – und mit vielen Teilnehmern aus aller Welt war, dann, weil der Preis von Pressekritikern, die bekanntlich sehr streng sind, vergeben wurde, und schließlich, weil ich dieses Land und seine Menschen liebe. Sehr gefreut habe ich mich auch, dass meine Arbeit auch im Burgenland anerkannt wurde und ich in den beiden letzten Jahren sowohl den Dr.-Lorenz-Karall-Preis, als auch den Theodor-Kery-Preis erhalten habe.

Was hat Dich ins Burgenland verschlagen und was schätzt Du am Burgenland?

Nach meiner Ausbildung in Barcelona und sieben Jahren, in denen ich mit meinem Lebensgefährten und unserem Sohn dort gelebt und gearbeitet habe, wollten wir nicht wieder in eine Großstadt ziehen, allerdings auch nicht weit davon entfernt sein. Neusiedl am See, wo ich auch familiäre Wurzeln habe, war also ideal, und da wir die Sonne und den Süden lieben, halte ich es auch klimatisch für die beste Wahl. Gerade zur Zeit des Festivals, im Juni, waren unsere Teilnehmer und Besucher immer wieder von dem fast mediterranen Feeling am Neusiedlersee bezaubert.

Deine „Bilder einer Ausstellung“ sind mir unvergessen. Wird man das Stück wieder einmal im Burgenland sehen?

Ich hoffe sehr! Wir haben gerade eine neue Version entwickelt, und zwar mit der Musik in der Orchesterfassung von Maurice Ravel. Diese haben wir im März gemeinsam mit dem Staats-Symphonieorchster der Türkei beim Izmir-Festival präsentiert und im Juni mit dem Jugend-Symphonie-Orchester Dornbirn erstmals in Österreich gespielt. Im Oktober spielen wir es dann mit dem Collegium Instrumentale Dornbirn und ich hoffe sehr, dass wir diese Version auch einmal im Burgenland präsentieren können. Ein ganzes Orchester zu finden oder zu bewegen – für dieses Stück braucht man ca. 80 Musiker – ist allerdings sehr aufwändig. Aber vielleicht können wir es ja auch einmal mit einem burgenländischen Pianisten hier präsentieren.

Vielen Dank für das Interview!

Wer mehr über Karin Schäfer und ihr Figurentheater erfahren will, kann dies auf www.figurentheater.at tun!