ESTERHÁZY UND DIE OSMANISCHE BEDROHUNG
Neupräsentation der Esterházy Turcica: Die Türkensammlung auf Burg Forchtenstein
800 Pferde, fünf Kamele, zwei Fahnen, elf Standarten und 32 mit Raubgut beladene Wagen waren Teil der Beute des Nikolaus Esterházy, die er den osmanischen Truppen abringen konnte und am 24. Jänner 1624 mit großem Prunk in der Wiener Hofburg dem Kaiser überbrachte.
Nikolaus und seine Söhne, allen voran Ladislaus und Paul, sahen sich gezwungen, ihren Besitz, ihr Leben und das der ungarischen Bevölkerung vor den nach Westen vordringenden Osmanen zu schützen. Sie hatten sich in kleinen Scharmützeln, aber auch in strategisch bedeutenden militärischen Aufgaben zu bewähren. Paul brachte die ungarischen Kroninsignien ins kaiserliche Exil nach Passau, kämpfte als Oberkommandierender über 20.000 ungarische Soldaten an der Seite Herzog Karls von Lothringen und Markgraf Ludwigs von Baden bei der Rückeroberung von Ofen und beteiligte sich bei der Verteidigung Wiens 1683. Der Frieden von Karlowitz 1699 bedeutete schließlich das Ende der osmanischen Bedrohung auf ungarischem Boden.
Der Blutzoll in der Familie fiel jedoch hoch aus: In der Schlacht von Vezekény 1652 mussten Pauls Bruder Ladislaus und drei seiner Cousins ihr Leben lassen. Aber auch die Verluste unter der Bevölkerung schmerzten. Paul nennt letztlich einen Verlust von 10.000 Untertanen durch Kriegseinwirkungen und einen materiellen Schaden von zwei Millionen Gulden.
PRÄSENTATION DER ESTERHÁZY TURCICA 2011 AUF BURG FORCHTENSTEIN
Die Turcica der Esterházy Sammlungen nehmen in ihrer kulturgeschichtlichen Bedeutung einen besonders hohen Stellenwert innerhalb der verschiedenen Sammlungsbereiche des Hauses ein. Sie sind Zeugen der osmanischen Kriegsführung, Kriegskunst und Ausdruck der Auseinandersetzung der Esterházy mit der Bedrohung aus dem Osten im 17. Jahrhundert. Die durch diplomatischen Austausch erhaltenen Geschenke oder auch Beutestücke fanden schließlich ihre Wertschätzung und Aufnahme in die Esterházy-Schatzkammer auf Burg Forchtenstein. Die osmanischen Bogen- und Pfeilköcher, Bögen, Zaumzeuge, Schabracken oder Zelte weisen eine aufwändige und kunsthandwerklich hoch stehende Ausführung mit edlen Materialien auf.
Der neuen Präsentation der Turcica gingen tiefgreifende Recherchen – auch in den bedeutenden Sammlungen in Istanbul – voraus, die zu erstaunlichen Erkenntnissen führten oder aber auch neue Fragen aufwarfen. Beim Durchforsten der Esterházy-Sammlungen konnte nun bisher wenig beachteten Objekten ihre Bedeutung zurückgegeben und einige interessante Entdeckungen gemacht werden:
So ist es gelungen, in der Fahnensammlung ein osmanisches Stück zu identifizieren. Im Textildepot fand sich eine Schabracke mit Stickereien aus vergoldetem Silberdraht, die in engem stilistischen Zusammenhang mit osmanischen Vergleichsstücken zu sehen ist. Ein Zeltfragment konnte näher bestimmt und in seiner Bedeutung und Funktion erfasst werden. Die nähere Analyse der Schabracken im Bestand brachte deren kostbare Verarbeitung ins Bewusstsein oder ein bisher kaum beachtetes Medaillon aus Gold und Silber, mit Türkisen und Rubinen besetzt, führte durch Form und Ausführung seine Zugehörigkeit zu osmanischen Zaumzeugen vor Augen.
Aber auch Gemälde mit thematischen Bezug wurden aus dem Depot geholt, hinterfragt und analysiert: Hervorzuheben ist die rund vier mal zwei Meter große Darstellung der Einnahme Pápas durch die Osmanen, die dem Betrachter einen derartigen Angriff osmanischer Truppen in ihrer Organisation mit verschiedenen Einheiten und mit ihren diversen Aufgaben plakativ vorführt und beinahe einem Diorama gleichkommt. Schlachtenbilder, Familien- und Herrscherporträts an den Wänden bilden den Rahmen für die auf Podesten und in Vitrinen präsentierten Turcica des 17. Jahrhunderts, deren prominente Mitte das legendäre osmanische Prunkzelt bildet.
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