Halbzeit für Carmen im Steinbruch St. Margarethen: erstklassige junge Stimmen geben ihr Debüt

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Zur Halbzeit von Carmen auf der gigantischen Freilichtbühne der Oper im Steinbruch St. Margarethen herrscht euphorische Stimmung: Das Publikum ist begeistert, und auch der Wettergott spielt mit. Die spektakuläre Neuinszenierung des französischen Regisseurs Arnaud Bernard zieht die Zuschauer in ihren Bann. Die Auslastung liegt leicht über dem Vorjahresniveau und alle Vorstellungen konnten bisher wie geplant stattfinden – bis auf die Premiere, die zum Schutz der Besucher und Mitwirkenden wegen eines Gewitters abgebrochen werden musste. Bei der Live-Übertragung im ORF III wurden insgesamt 348.000 Zuseherinnen und Zuseher erreicht, wobei mehr als 100.000 Personen die gesamte Übertragung verfolgt haben. Ein Ergebnis das über den Zahlen der Vorjahre liegt. Für den dritten und vierten Akt hat man auf die Aufzeichnung der Generalprobe zurückgegriffen. 
Der enorme Zuspruch von Publikum und Presse überträgt sich auf Besetzung und Produktionsteam: „Gemeinsam mit dem gesamten Team ist uns eine Inszenierung gelungen, auf die wir sehr stolz sein können. Es ist uns auch immer ein Anliegen jungen Nachwuchskünstler bei ihrem Rollendebüt zu unterstützen“, so Daniel Serafin, Intendant der Oper im Steinbruch.   

Vielversprechende Entdeckungen
Ein hochkarätiges Ensemble mit erstklassigen Solisten bezaubert das Publikum. Zwei junge Stimmen lassen da besonders aufhorchen und geben in diesem Jahr ihr Debüt bei der Oper im Steinbruch: In der Rolle des unglücklichen Liebhabers Don José ist der amerikanische Tenor Matthew White zu erleben, der mit dieser Produktion sein Europa-Debüt bestreitet: Am 12., 18. und 20. August 2023 steht er auf der Bühne der Oper im Steinbruch. Er verfügt über „eine unverwechselbare Tenorstimme mit einem dunklen und kraftvollen lyrischen Klang“, schrieb der New York Classical Review. Die Rolle des Don José sang Matthew White bereits mit großem Erfolg an der Arizona Opera und der Santa Fe Opera. In der letzten Saison interpretierte der junge Tenor mit der blonden Haarpracht Alfredo in La Traviata an der Houston Grand Opera und Pinkerton in Madama Butterfly an der Opéra de Montréal sowie Duca in Rigoletto an der Utah Opera. Auf der Konzertbühne sang Matthew White den Hirten in Strawinskys König Ödipus und den Tenor-Part in Händels Messias. Er gewann zahlreiche Gesangswettbewerbe wie z. B. die „Deborah Voigt International Vocal Competition“. Matthew White wurde neben dem Gesangsstudium auch zum Geiger ausgebildet, in seiner Freizeit ist er ein begeisterter Surfer und betreibt ein erfolgreiches Surfbrettgeschäft.

Vom Chor in eine der Hauptrollen katapultiert
Die 23-jährige Sopranistin Ana Garotič gab bei der diesjährigen Produktion ihr mit Spannung erwartetes Debüt in der Oper im Steinbruch in der Rolle der treuen Micaёla. Ana Garotič wurde in Belgrad geboren und erhielt bereits während ihrer Schulzeit Gesangsunterricht an der Staatlichen Musikschule Belgrad. Seit 2018 studiert sie bei Gabriele Lechner an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Wien. 2022 wurde ihr der Sonderpreis als beste Sopranistin beim Internationalen Gesangswettbewerb „Ferruccio Tagliavini“ verliehen. Neben ihrem Studium sammelte Ana Garotič erste Erfahrungen auf Bühnen in Wien, Belgrad und Ljubljana. In der letztjährigen Produktion der Oper im Steinbruch sang Ana Garotič im Chor – dieses Jahr ist sie nun in einer tragenden Rolle zu erleben und erweist sich mit ihrer ausdrucksvollen Stimme und ihrem warmen Timbre als echte Entdeckung. Ana Garotič ist am 11., 13. und 18. August 2023 noch als Micaёla zu bewundern.  

Opern-Evergreen zwischen spanischem Bürgerkrieg und großem Filmstudio der 1950er-Jahre
Die Handlung der Oper, eigentlich Mitte des 19. Jahrhunderts angesiedelt, spielt in dieser Inszenierung in den 1930er-Jahren, im spanischen Bürgerkrieg. Die Bühne, entworfen von Bühnenbildner Alessandro Camera, zeigt die Hollywood-Filmstudios der 1950er-Jahre und erschafft somit einen Erzählrahmen, der eine weitere Zeitebene ins Bühnengeschehen einbezieht. Der Konflikt zwischen der freiheitsliebenden Carmen und dem obrigkeitshörigen Soldaten Don José erhält so eine zusätzliche Bedeutungsebene, die die Geschichte von pittoresken Klischees befreit. Carmen und ihre Freunde werden zu Menschen im Widerstand, die gegen ein Unrechtsregime aufbegehren. Durch diesen Zeitsprung um rund 80 Jahre vorwärts erhält Carmens Streben nach freiem Leben eine gesellschaftliche Dimension: Die Inszenierung zeigt Carmen nicht als Femme fatale, sondern stellt ihre Verführungskraft in den Dienst weiblicher Emanzipation auf dem Weg zu mehr Selbstbestimmtheit.

Auf der zweiten Ebene wird diese Geschichte in einem großen Filmstudio als melodramatischer Streifen mit viel Personalaufwand vor und hinter der Kamera gedreht. Hierdurch wird eine Verbreiterung der Erzählperspektive ermöglicht: Immer wieder werden verschiedene Szenen simultan gezeigt. Die epischen Brechungen werden zum Programm und unterstützen in besonderer Weise das Eintauchen in eine Traumwelt: Der Traum vom Glanz der alten Filmstudios ersteht neu im Steinbruch St. Margarethen und eröffnet der altbekannten Geschichte ganz neue Dimensionen. 
Das Bühnenbild von Alessandro Camera kreiert eine ganz eigene Realität und das Kostümdesign von Carla Ricotti zaubert mit rund 300 Kostümen spanisches Flair und einen Hauch von Hollywood auf die Bühne. 

Mit

dem jungen italienischen Ausnahmetalent Valerio Galli steht ein international renommierter Dirigent am Pult des Piedra Festivalorchesters. Einzigartige Stimmen wie die von Joyce El-Khoury, Brian Michael Moore und Vittorio Prato heben diese Carmen auf ein atemberaubendes Niveau. „Für das Ohr wird einiges geboten, speziell auf Solistenseite. Brian Michael Moore gibt einen jugendlichen Don José mit empfindsamem Schmelz, Vanessa Vasquez eine Micaёla voller samtener, inniger Hingabe und Vittorio Prato einen klangsatten Escamillo“, so das Opernmagazin Orpheus. Weitere Aufführungen sind in wechselnden Besetzungen bis zum 20. August 2023 zu erleben. In der Titelrolle brilliert die weltweit gefeierte libanesisch-kanadische Sängerin Joyce El-Khoury, die in der Oper im Steinbruch ihr Carmen-Debüt gibt. „El-Khoury überzeugte mit stimmlicher Geschmeidigkeit, enormer Präsenz und charakterstarkem Wandlungsvermögen, mit pointierter Phrasierung und dynamisch fein abgestufter, sorgfältig gestalteter Expressivität“, schrieb Concerti. Ebenfalls als Carmen faszinieren Lilly Jørstad, die international als Rosina im Barbier von Sevilla gefeiert wird, und Francesca Di Sauro, die bereits an der Mailänder Scala und der Arena di Verona reüssiert hat. Don José wird alternierend von Brian Michael Moore, Matthew White und Migran Agadzhanyan verkörpert. Brian Michael Moore gilt als einer der vielversprechendsten jungen Tenöre im lyrisch-dramatischen Fach. Gleiches gilt für Agadzhanyan und den US-Amerikaner Matthew White. Als Micaёla sind drei junge aufstrebende Sopranistinnen zu hören: Vanessa Vasquez, Yulia Suleimanova und Ana Garotič. Den draufgängerischen Stierkämpfer Escamillo interpretieren der italienische Star-Bariton Vittorio Prato und der junge Sergey Kaydalov. Prato wird international vor allem für seine geschmeidigen Belcanto-Interpretationen gefeiert, und Kaydalov verbucht als neues Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper bereits große Erfolge im Haus am Ring.

Wie schon in den letzten Jahren sorgt der Philharmonia Chor Wien unter der Leitung von Walter Zeh für eindrucksvolle und dynamisch fein abgestufte Chorpartien. Auch das Piedra Festivalorchester muss nach seinen hervorragenden Leistungen in Nabucco, Turandot und der Zauberflöte in seiner nunmehr vierten Spielzeit als Residenzorchester der Oper im Steinbruch niemandem mehr vorgestellt werden. Neben einem erfahrenen Team von Stunt-Performern unter der Leitung von Ran Arthur Braun, der schon für die spektakulären Stunt-Effekte in Turandot verantwortlich war, agiert eine Hundertschaft von Statisten aller Altersklassen auf der riesigen Freilichtbühne des Steinbruchs.  

Ausblick
Steht in diesem Jahr mit Carmen eine starke Frau im inszenierten Spannungsfeld zwischen Hollywood-Traumfabrik und spanischem Bürgerkrieg, wird 2024 mit Aida von Giuseppe Verdi der Unsterblichkeit der Liebe gehuldigt.
Mit der leidenschaftlichen Geschichte einer großen Liebe hat Verdi eine der bedeutendsten Opern über die Unsterblichkeit der Liebe geschaffen. Große und pompöse Massenszenen werden kontrastiert durch leidenschaftliche, fast kammerspielartig anmutende Szenen, in der die Sehnsüchte und Konflikte der Figuren zum betörenden Klangerlebnis werden. Mystische Beschwörungsszenen im Tempel, nächtliche Begegnungen am Nilufer oder gleißende Triumphszene: Der Altmeister der italienischen Oper trifft für jede Stimmung genau den richtigen, mitreißenden Ton. Mit den lyrischen Arien Aidas, Radames verträumter Romanze „Holde Aida“ oder dem opulenten Triumphmarsch hat Verdi unsterbliche Ohrwürmer der Opernliteratur geschaffen, und Aidas Auseinandersetzungen mit ihrem Vater und der Pharaonentochter sind Glanzlichter musikalisch-psychologischer Gestaltung. Wie kaum eine andere Oper passt sich Verdis Meisterwerk harmonisch in die raue Felsenlandschaft des Steinbruchs St. Margarethen ein.

Tickets für Carmen im Steinbruch St. Margarethen können im Ticketbüro pan.event unter T +43 2682 65 0 65 oder per E-Mail: tickets@panevent.at gebucht werden. Alle Informationen unter www.operimsteinbruch.at